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    Kreis hat Immobilie gekauft – Umbau zur Flüchtlingsunterkunft gestoppt

    Überregional, 16.06.2016 (Berthold Rueß, ©Schwäbische Zeitung)

    Ravensburg sz
    Zurzeit kommen in Ravensburg nur noch wenige Flüchtlinge an. Daher wurde das Vorhaben gestoppt, das ehemalige EnBW-Gebäude an der Charlottenstraße zur Erstunterkunft umzubauen.

    Zurzeit kommen im Landkreis Ravensburg nur noch wenige Flüchtlinge an. Es wird kein so hoher Bedarf an Plätzen für die Erstunterbringung erwartet, wie noch vor einigen Monaten prognostiziert wurde. Unter anderem wurde jetzt auch das Vorhaben gestoppt, das ehemalige EnBW-Gebäude an der Charlottenstraße zur Erstunterkunft umzubauen.

    Der Landkreis hat das Gebäude mittlerweile von dem Energieversorger gekauft. Zu welchem Preis, darüber schweigen sich beide Parteien aus. Beim Kreistagsbeschluss zum Kauf war ein Kostenrahmen von 2,4 Millionen Euro für Gebäude samt Parkplatz genannt worden. Ein anderer Kaufinteressent hatte nach der Sitzung dem Landkreis vorgeworfen, den Preis durch dieses Angebot „in einem unvernünftigen Maß“ nach oben zu treiben. Vorgesehen war, bis kommendes Jahr dann dort Platz für bis zu 128 Flüchtlinge zu schaffen. Auf dem dazugehörigen Parkplatz sollten Wohnmodule aufgestellt werden.

    „Der Standort wurde aufgelöst zum 1. Juni“, bestätigt EnBW-Sprecher Ulrich Stark. 25 Mitarbeiter sind davon betroffen. Für die meisten von ihnen, fast durchweg Außendienstmitarbeiter, sei ihr neuer Arbeitsplatz in Biberach sogar geschickter. „Wir haben festgestellt, dass dort noch Platz ist“. Zudem bestehe auch die Möglichkeit, von Zuhause zu arbeiten. Das ist zugleich auch eine Zäsur in der Ravensburger EnBW-Geschichte. Ursprünglich war hier sogar das Bezirkszentrum mit bis zu 80 Mitarbeitern. Mit dem Aufkommen von Mitbewerbern auf dem Strommarkt wurde ein schlagkräftiger Vertrieb aufgebaut mit Ravensburg als eigener Vertriebsregion. „Das war schließlich zu teuer, die Margen im Stromverkauf sind mittlerweile zu gering“, sagt Stark. In Ravensburg ist die EnBW noch an der Schützenstraße mit einem Lager sowie der Stromleitstelle vertreten, immerhin einer der modernsten in Europa.

    Was mit dem leerstehenden Gebäude jetzt passiert, ist noch völlig offen. Möglich wäre beispielsweise eine alternative Nutzung als weiteren Standort für die Kreisverwaltung. Die Pläne für eine Erstunterkunft an dieser Stelle werden jedenfalls vorerst nicht weiterverfolgt. „Wir fahren weiter auf Sicht“, sagt Claudia Roßmann, Sprecherin im Landratsamt, „allerdings in einer weitaus entsapnnteren Situation als bisher“. Im Landkreis kommen jetzt deutlich weniger Flüchtlinge an: Wurden allein im ersten Quartal 2016 noch fast 1000 Menschen von den Landeserstaufnahmestellen dem Landkreis Ravensburg zugewiesen, waren es im April gerade mal 26 und seit Mai null. Allerdings sei man im Landratsamt zurückhaltend mit Prognosen: „Es hat sich gezeigt, dass sich die Situation von einer Woche zur nächsten ändern kann.“ Noch unklar ist beispielsweise, wie viele Angehörige nachziehen. Das Landratsamt kalkuliert hält deshalb einen Puffer an freien Plätzen bereit.

    Außer dem EnBW-Gebäude wurde auch der Standort in Oberhofen aus der Liste der geplanten Erstunterkünfte gestrichen. Dort hätten diesen Monat 48 Menschen unterkommen sollen. Die vorgesehenen Holzmodule werden dort nicht aufgestellt. Dagegen werden andere Standorte weiter benötigt. Beispielsweise die Unterkunft in der Schmalegger Straße, um Bewohner aus der aufgelösten Unterkunft in der Schützenstraße aufzunehmen. In der Nordstadt gibt es die Erstunterkunft an der Weidenstraße, dort kamen die letzten 76 Bewohner der Burachhalle unter. Die Unterkunft in der Springerstraße in der Südstadt ist mit 48 Personen, vornehmlich Familien, belegt. In den früheren Räumen der Tanzschule Geiger in der Karlstraße sind weitere 64 Menschen, ebenfalls Familien, untergebracht.

    Der Landkreis wolle sich auch mit den Kommunen abstimmen, welche Möglichkeiten für die Folgeunterbringung besteht. Bei anerkannten Asylbewerbern, spätestens aber nach zwei Jahren, liegt die Zuständigkeit bei den Gemeinden. Theoretisch steht den Betroffenen dann der freie Wohnungsmarkt zur Verfügung, in der Praxis wird es ein kommunales Problem bleiben. Damit die Gemeinden nicht gezwungen sind, neue neue Unterkünfte zu bauen oder zu suchen, und Flüchtlinge beim Statuswechsel nicht Knall auf Fall ausziehen müssen, seien auch „gemischte“ Unterkünfte denkbar.

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